WEINHIER Update 2
Bevor ich Ihnen von den zahlreichen überraschenden Weinen erzähle, die ich neulich auf der ProWein-Messe in Düsseldorf verkostete und meine da gewonnenen Eindrücke von dem Weißwein-Jahrgang 2010 in Deutschland in Mein Weintelegramm 124 schildere (siehe ganz unten), muss ich über die verblüffend positive erste öffentliche Resonanz auf WEINHIER berichten. Wenn Sie mir vor sechs Monate erzählt hätten, dass ich eine innovative interaktive Wein-Website lancieren würde und lauter Menschen mich und meinem amerikanischen Geschäftspartner Brendan Howell dazu gratulieren würden, hätte ich Sie für verrückt erklärt ! Jetzt macht es aber wohl Sinn.
Die wenigen skeptischen Gesichter :{ waren von Menschen, die einfach nicht begriffen haben, was wir bauen: ein Web-Forum, wo alle Winzer und Weinfreunde ihre eigene Seite bauen können und frei Information und Meinungen austauschen können. Das hat wohl mit Alter zu tun, weil es ältere Menschen waren, die offensichtlich (noch) nicht Networking- oder andere dynamische Websites regelmäßig nutzen. Dagegen haben die allermeisten jungen Leute uns sofort verstanden, und bei ihnen habe ich viele lächelnde Gesichter gesehen 🙂 Einige haben mir erzählt, wie begeistert sie sind, dass endlich jemand ein ganz offenes Wein-Web-Form gründet, weil sie die Schnauze voll haben von Facebook & Co.
Als ich mich um 16 Uhr am Dienstag nach drei Tagen intensiver Weinverkostungen in den ICE schleppte, um nach Hause nach Berlin zu fahren, war mir klar, dass WEINHIER sowie viele andere themenspezifische Web-Foren eine großartige Zukunft haben, die die Entstehung von echten Communities ermöglichen, von Menschen mit einem realen gemeinsamen Interesse. Cyberspace macht wahrhaftig Sinn, wenn es sich an die Wahrheit auf eine sinnvolle Weise andockt und so zu besserer Kommunikation und Austausch führt. Das ist echt cool. Wenn es aber zu einem schwarzen Loch wird, dass unter dem Motto „Lasst, die ihr eintretet, alle Realität fahren“ beim Anklicken alles schluckt, das ist nicht cool. Aber glücklicherweise ist nur diese Art von „Antisocial Networking“ verdammt; die nächste große Blase, die bald platzt !
OK, auf der ProWein gab es schon ein wenig Enttäuschung, dass wir statt morgen erst um 18 Uhr am Dienstag, den 17. Mai online gehen, aber auch Begeisterung das WEINHIER (ausgenommen einige Luxusfunktionen) für alle Nutzer kostenlos sein wird. Ich habe mich schon innerlich darauf vorbereitet, dass mein Partner und ich ziemlich lange warten werden müssen, bis wir unser Geld wiedersehen, aber wenn wir es schaffen, eine wahre Internet-Wein-Community zu gründen, die Tausende von Teilnehmern glücklich macht, dann lohnt das auch eine sehr lange Wartezeit. Danke für Ihre Begeisterung und Geduld !
Mein Weintelegramm 124
mindestens seit wir anfingen die Klimaerwärmung im Weinglas zu spüren, ist WER einen bestimmten Wein verarbeitete und WO er gewachsen ist viel wichtiger als der Jahrgang +++ die Hunderte von deutschen Weißweinen aus 2010, die ich neulich auf der ProWein kostete, haben das eindrucksvoll bestätigt +++ sie waren ein überzeugender Beweis, dass der Jahrgang die Weine in eine bestimmte Richtung zieht, aber keinesfalls alleine für Qualität und Charakter verantwortlich ist +++ falls Sie es noch nicht getan haben WERFEN SIE ALLE JAHRGANGSTABELLEN JETZT WEG !!! +++ es ist überhaupt kein Problem, gute deutsche Weine aus dem Jahrgang 2010 zu finden, z.B. aus der immer noch unterschätzten Silvaner-Traube (siehe meine FAS-Kolumne am Sonntag, den 3. April) +++ Florian Fauth von Weingut Seehof in Westhofen/Rheinhessen (siehe oben) sagte mir, „2010 ist ein besserer Jahrgang für Silvaner bei uns als 2009, weil die Weine besser balanciert sind !“ +++ unabhängig der Traubensorte sind die 2010 Weine leichter und erfrischender als die 2009 Weine, was viele Weinfreunde gefallen wird +++ sicherlich werden manche Blockbusters aus 2010 weniger Blöcke busten als die aus 2009, aber die Welt braucht keinen Blockbuster-Jahrgang nach der Reihe von reifen bis üppigen Jahrgängen, die wir gerade hatten+++ wenn es ein Problem mit den 2010 Weinen gibt, dann dass zu stark eine Entsäuerung manche Weine butterweich gemacht hat und ein misslungener Einsatz von malolaktischem Säureabbau (BSA) manchen Weinen eine aufdringliche Butternote (Diacetyl, ein nebenprodukt von BSA) verliehen hat +++ aber die Anzahl von deutschen Winzern, die solche Herausforderungen mit links packen, wächst ständig und ist kaum noch zu überblicken +++ die oft sehr gelungenen deutschen Rotweine aus 2009 fangen langsam an, als Flaschenware aufzukreuzen, und wer nicht rechtzeitig zugreift, wird manche der sensationellsten Schnäppchen auf Planet Wein verpassen, wie die Rotweine von Thomas Hensel in Bad Dürkheim / Pfalz und Rainer Wachstetter in Pfaffenhofen / Württemberg +++ die wahren Überraschungen der ProWein lagen aber abseits von Halle 4, wo die meisten deutschen Erzeugern standen +++ in Halle 6 zeigte ein Halbdutzend indischer Erzeuger einige sehr gelungene Traubenweine und Dr. J.P. Gupta von Nirvana Biosys in Neu Delhi (siehe unten) einen sensationellen Litschi-Wein unter der Marke „Luca“ +++ wie hat er das geschafft ?! +++
als ich nach einem tollen Abendessen im Restuarant Fehrenbach zurück ins Hotel lief, wurde ich plötzlich an die nukleare Katastrophe in Japan erinnert +++ auf dem Bürgersteig der Immermannstraße stand ein improvisierter Schrein für die Opfer (siehe unten) +++ selbstverständlich sollen verstrahlte Güter aus Japan wie aus anderen Länder nicht exportiert werden, aber ich fürchte, die Kombination von irrationaler Furcht und übersteigertes Sicherheitsbedürfnis der Deutschen könnte zu einer Art von inoffiziellem Boykott sämtlicher japanischer Güter führen +++ das wäre dann die vierte Katastrophe für die Japaner nach Erdbeben, Tsunami und Reaktor-Meltdown +++ als Zeichen meines Mitgefühls für alle Japaner wiederhole ich hier meinen Ratschlag: wer sie noch nicht erlebt hat, soll hochwertige Sake kennenlernen und eine faszinierende Geschmackswelt abseits der des Traubenweins erleben +++hochwertige Sake passt wunderbar zu Käse, wie eine Verkostung in Halle 7a auf der ProWein von Yoshiko Ueno-Müller (www.japan-gourmet.com) aus Kronberg / Hessen am Montagnachmittag bestätigte +++ hoffentlich haben bis zum „Wein Lab No. 9“ um 17 Uhr am Montag, den 4. April bei Hammers Weinkostbar in Berlin-Kreuzberg (siehe www.hammers-wein.de) die Techniker von Fukushima die Reaktoren sicher gemacht und wir können uns beruhigt den gereiften Rotweinen aus Deutschland und einigen anderen Orten auf Planet Wein widmen +++ Wein verbindet uns +++ NAMU AMIDA BUTSU