Wine of the Month / September 2010

2009 Riesling „Scivaro“

8,- ab Hof

The Germans have long had a tendency towards absolutism and the nation’s wine freaks are becoming fixated upon the „Großes Gewächs“ wines, the new luxury category of dry German wines from the members of the VDP association. For them any wine that is less than transcendental seems worthless. This attitude is obscuring the fact that many moderately-priced German wines have great harmony, lots of character and good ageing potential. Such a wine is ex-newspaper editor Dr. Jochen Siemens’ almost dry 2009 Riesling „Scivaro“.

Aus dem Großes-Gewächs-Kult droht ein Großes-Gewächs-Wahnsinn zu werden. Heutzutage wollen die Weinfreaks der Republik nicht nur gute und charaktervolle Weine, die Freude machen, sondern sie verlangen bedeutungsschwangere große Weine als Gegenstand ikonenhafter Bewunderung. Die Großen Gewächse der VDP-Güter sowie Weine anderer Betriebe, die nach den gleichen Prinzipien in Weinberg und Keller arbeiten, spielen diese Rolle bestens und sind schon längst zum Fokus eines Kults geworden.

Manche dieser Weine sind tatsächlich grandios und ds Risiko einer wirklichen Enttäuschung hier inzwischen tatsächlich gering. Das ist wunderbar, aber manche in der Weinszene verlieren schnell an Bodenhaftung, wie folgendes Beispiel eines der führenden Weinhändler der Republik veranschaulicht: „Elementare Urgewalt trifft auf aristokratische Finesse…diese grandiose Hymne an die Transzendenz und Komplexität großer deutscher Rieslinge…“ Wir nähern uns einer Situation, in der ein Wein ohne Transendenz von vielen Insidern für völlig bedeutungslos gehalten wird.

Dann trinke ich ein Wein wie Dr. Jochen Siemens 2009 Riesling „Scivaro“ und atme wieder auf, schöpfe wieder Hoffnung. Mit 11% Alkoholgehalt und unvergorener Traubensüße, die gerade über dem gesetzlichen Maximum liegt, um sich „trocken“ auf dem Etikett zu qualifizieren, ist dies ein Riesling, der zum Trinken einlädt und die Konversation fördert. Noch ein wenig „wild“ in der Nase (von der Gärhefe geprägt) paart er jedoch schon jetzt sehr ansprechende Saftigkeit mit zartherber Kraft, die sich im Finale deutlich zeigt; hell und dunkel sind in diesem kleinen Meisterwerk bestens balanciert.

Und wer diesen Wein zu bedeutungsarm findet, dem sei der wesentlich kräftigere und würzigere 2009 Riesling „T“ aus der Lage Herrenberg von Dr. Siemens für 14 Euro ab Hof empfohlen. Aber auch er macht Spaß statt an Wagner-Opern zu erinnern!

Weingut Dr. Siemens

Römerstraße 63

54455 Serrig/Saar

Tel.: 06581 / 9 20 09 92

E-Mail: weingut@dr-siemens.de

Internet: www.dr-siemens.de

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