Weintelegramm 13

Faust und Mephistopheles kenne ich seit exakt 30 Jahre stop auch den kleinen schwarzen Pudel stop deswegen bin ich endlich nach Weimar gefahren, um ihrem Schöpfer näher zu kommen stop die Stadt ist vollgestopft mit deutscher Geschichte stop trotzdem bin ich fast der einzige Besucher im Goethe-Haus stop zu Lebzeiten des Dichter-Fürsten war das ganz anders! stop als ich ins Arbeitszimmer blicke, glaube ich, flüchtig jemand neben mir im Spiegel zwischen den beiden Fenstern zu sehen stop nicht einfach zu sagen, wer es war, weil die unebene Oberfläche des Spiegels alles verzehrt stop im Schlossmuseum dann eine überraschende Begegnung mit Martin Luther, der mir von einem Gemälde von Lucas Cranach dem Ältern aus dem Jahre 1528 direkt in die Augen blickt stop eine weitere Überraschung erwartet mich im Bauhaus-Museum, wo ich auf das erste Modell der berühmten Tischlampe von Jucker und Wagenfeld treffe stop ein alles sehendes Auge auf einem strafen schmalen Hals stop leider keine Zeit für Gespenster im Nietzsche-Haus, aber seine Worte kreisen seit Jahrzehnten in meinem Kopf stop welche dieser Persönlichkeiten repräsentiert nun die wahre deutsche Kultur? stop ich glaube, jede ist ein wichtiger Teil von ihr stop viele Weinfreunde streiten sich, ob der geschmeidig-würzige feinherbe Riesling von Weingut Heymann-Löwenstein oder die feinfruchtigen und filigranen Spät- und Auslesen von Weingut Joh. Jos. Prüm die wahre Moselwein-Tradition darstellen stop oder wird alles über den Haufen geworfen von den beeindruckenden, trocken schmeckenden Rieslingen der Jungwinzerinnen Eva Clüsserath von Weingut Ansgar Clüsserath, Alexandra Eifel von Weingut Bernhard Eifel und Carolin Hofmann von Willems Willems? stop das Wunderschöne an der Mosel ist doch, dass alles ein Teil einer großartigen und vielseitigen Weinkultur ist stop den großgewachsenen dunklen Herrn habe ich in Weimar gesehen, aber er ist wohl auch in den Moselaner und ihren Rieslingen zu spüren!

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