Weintelegramm 57

In meinem Weinberg in der Lage Tauberzeller Hasennestle war es heute ganz anders als während des verschneiten Rebschnitts vor einigen Wochen. +++ 13 Grad Celsius und eine Sonne, die durch 68% Steilheit konzentriert wurde, zwangen mich, meinen Anorak auszuziehen und die Ärmeln meines Sweatshirts hochzukrempeln; Frühling statt Winter! +++ Langsam aber sicher habe ich das Biegen und Niederzeihen der Ruten abgeschlossen, und die Reben stehen für den Austrieb bereit. +++ Als ich gestern bei nur 8,5 Grad Celsius mit dieser Arbeit anfing, wimmelt es am Boden schon vor Spinnen und heute habe ich eine Biene gesehen! +++ So war es auch im letzten Sommer, als ich zum ersten Mal hier war. +++ Damals war es kein ökologisch bewirtschafteter Weinberg, und ich werde ihn auch in diesem Jahr nicht ökologisch bewirtschaften. +++ Ich werde zwar keine Herbiziden einsetzen und nur Pflanzenschutzmitteln, die unbedenklich für den umweltschonende Weinbau sind, ausbringen, aber ich werde nicht auf Chemie verzichten. +++ Später im Keller will ich keinesfalls spontan vergären, bzw. ich werde Reinzuchthefe einsetzen, weil im Keller meiner Verpächtern Christian und Simone Stahl (Winzerhof Stahl in Auernhofen/Frankfurt) nie eine Spontangärung durchgeführt wurde, und ich nicht Rouletten spielen will. +++ Der Wein wird in Edelstahl vergären und auch dort lagern (ein 1000-Liter-Immervolltank mit Kühlmantel von CLEMENS ist vorgesehen). +++ Auch so ist ein toller Wein möglich, aber ich werde trotzdem ein wenig Glück brauchen. +++ „Sie können glücklich sein! Sie sind Teil der realen Wirtschaft!“, sagte mir neulich Christian Liste von der Berliner Bank „Delbrück, Bethmann, Maffei“, eine ehrenhafte Ausnahme unter den Banker dieser von der Finanzkrise gezeichnete Welt. +++ Nach den vergangenen Tagen in den Reben bin ich erst recht Teil der reale Wirtschaft! +++ Jetzt muss ich zum Schreibtisch zurück um mein neues Buch fertig zu schreiben, sonst wird es nicht pünktlich Ende September erscheinen.

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