Gerade habe ich meinen fünften Tag Rebschnitt hinter mir, aber die letzten zwei davon fanden nicht in Tauberzell/Franken statt, sondern hier in Geisenheim/Rheingau, wo ich Weinbau studiere. +++ Mit den Studenten des vierten Semesters mache ich ein Weinbauprojekt und bin in der Gruppe, die eine Parzelle in der Umstellung auf biodynamischen Weinbau bewirtschaften. +++ „Biodyn“, wie es oft unter Insider genannt wird, geht auf Rudolf Steiner und 1924 zurück, und ist in den letzten Jahren zu eine wahren Weinbau-Mode avanciert. +++ Deshalb macht nicht jeder Biodyn-Winzer diese Sache aus Überzeugung, aber wir haben das große Glück von Georg Meissner eingeführt zu werden, der schon biodynamischen Weinbau in Frankreich, Südafrika und Deutschland praktiziert hat. +++ Bei diesem Bewirtschaftungssystem geht es darum, möglichst im Einklang mit den kosmischen Zyklen zu arbeiten und eine Kreislaufwirtschaft in Gange zu bringen. +++ Das klingt vielleicht mystisch, aber es geht auch darum, die Abhängigkeit der Reben vom chemischen Dünger und vielen anderen Produkte, die energieintensiv in der Herstellung sind, radikal zu brechen. +++ Bodenleben und Wiederstandsfähigkeit der Rebe müssen gestärkt werden, und der Hof soll zu einem möglichst selbstständigen, vielseitigen „Organismus“ werden. +++ Obwohl ihn diese hochgesteckte Ziele sehr wichtig sind, hat Meissner eine wunderbar entspannte und pragmatische Haltung zur Theorie. +++ „Der Mond hat einen Einfluss, aber natürlich auch das Wetter, und wir müssen uns mit beidem beschäftigen.“ +++ Heute stürmte es beim Rebschnitt, und es gab viel Altholz rauszuziehen, weil die Reben noch zu wüchsig sind, um optimale Qualität zu geben oder sich gegen Krankheiten gut wehren zu können. +++ Wir wollen tolle Trauben ernten und werden deshalb diese Wüchsigkeit eindrosseln müssen. +++ Ich bin sehr gespannt, was die heute gezogenen Bodenproben erzählen, aber ich kann mir schwer vorstellen, dass wir düngen müssen. +++ Wenn, dann wird es selbstverständlich Biodyn-Kompost sein.