Einer meiner Kollegen hat neulich verkündet, Deutschland brauche neue Winzer -als ob die Etablierten plötzlich nichts mehr taugten- und er würde zukünftig nur noch über unentdeckte junge Talente berichten. +++ Heldenhaft, aber leider viel zu spät! +++ Seit Anfang des Jahrzehnts haben manche deutschen Weinjournalisten (Paradebeispiel: Manfred Lüer) ständig nach neuen Talenten gesucht und ausführlich über sie berichtet. +++ Ich habe die deutschen Jungwinzer erst recht spät entdeckt, aber seit Herbst 2003 bin ich endlich auch dran, und viel Platz in meinem gerade erschienenen KLEINEN GENIALEN WEINFÜHRER 2010 (kurz: KGW) nehmen Jungwinzer-Entdeckungen ein. +++ Da brachten meine zwei Semester auf der Fachhochschule für Weinbau in Geisenheim/Rheingau reichhaltigen Stoff, ich habe eine Reihe junger Winzer(innen) kennengelernt, die weltoffen, kreativ und begabt sind. +++ Ihre Weine waren häufig überraschend stark, aber in vielen Fällen bin ich mir sicher, dass da in den nächsten Jahren noch viel mehr kommen wird. +++ Fast immer boten diese Weine auch ein sehr gutes bis bombastisches Preis-Leistungsverhältnis, und ich habe so viele wie möglich im KGW aufgenommen. +++ Dabei war es mir egal, dass etwa WEINGUT OTTO ZIMMER in Engelstadt/Rheinhessen völlig unbekannt in der Weinszene ist, oder Florian Mengel (Sohn des Hauses) noch ein wenig schüchtern wirkt. +++ Einige Otto-Zimmer-Weine, die ich verkostete, haben mich einfach begeistert und waren für die Qualität erstaunlich günstig. +++ Bitte mich nicht für misanthropisch halten, aber ein guter Teil der Weinszene verlangt ein Schauspiel, in dem die Hauptfigur ein wortgewandter, erwachsener Mann ist (der geniale Winzer betritt die Bühne!), bevor sie bereit ist, zu loben. +++ Frauen sind dort bestenfalls “charmant” und junge Menschen grundsätzlich “Anfänger”. +++ Abgesehen davon, dass diese Haltung diskriminierend und sexistisch ist, passt sie auch nicht zu unserer gegenwärtigen Wein-Republik. +++ Ich feiere gerne die guten deutschen Weine im neuen KGW, von jungen und alten Winzern, bekannten und unbekannten!