Weintelegramm 90

Während der Feiertage habe ich in einer verrückten kleinen Wohnung in Prenzlauer Berg einige erstaunliche ungarische Weine von einem Berliner Rechtsanwalt namens Horst Hummel verkostet, nein, getrunken. +++ Dazu hat er ein so üppiges, herrlich altmodisches Mahl (Schnecken mit viel Knoblauch, Gänseleber und ein Stubenküken) gekocht, dass der Käsegang nicht mehr zu schaffen war. +++ Neil Young donnerte aus den Boxen, und an der Wand hing eine Tafel auf der Gedanken zum Thema Nirwana mit Kreide geschrieben waren. +++ Wenn mein Buch WEIN WEIT WEG noch nicht fertig und auf dem Markt wäre, dann hätte ich diese Szene als Beispiel für die große Veränderung auf Planet Wein noch einbauen müssen. +++ Ganz besonders war ich von einem neuen Rotwein begeistert, dem 2007 LOESS, eine Multi-Kulti-Cuvée aus Kékfrankos (Lemberger/Blaufränkisch), Portugieser und Cabernet Sauvignon. +++ Wie Hummels Spitzenrotwein, der J.M., hat der LOESS eine entschiedene herbe Kraft ohne spürbares Eichenaroma, war aber etwas leichter und deutlich lebhafter, bzw. gefährlich trinkbar. +++ Der Wein ist ein flüssiges Stück Zeitgeist des neuen Jahrzehnts und der Preis von 8,50 Euro passt auch zur neuen Wir-stellen-uns-der-Wahrheit-Stimmung. +++ Die Abende darauf folgten zahlreiche gute Weine, aber keiner hat mich ähnlich positiv überrascht. +++ Bis mein Geisenheimer Studienfreund Johannes Sinß vom Weingut Sinß in Windesheim/Nahe uns vorgestern Abend besuchte und seinen neuen 2007 SPÄTBURGUNDER einschenkte. +++ Statt, wie so viele seiner Kollegen, auf mehr Kraft, mehr Konzentration und mehr Lautstärke zu setzen, hat er auf optimale Harmonie gezielt und sie auch erreicht. +++ Mir hat der Wein deutlich besser geschmeckt als der 1995 VOSNE ROMANÉE 1ER CRU LES BEAUX MONTS von Domaine Jean Grivot (ein teurer Burgunder), den wir zuvor tranken. +++ Auf den Sinß-Wein müssen wir bis Ende des kommenden Sommers warten, aber auch Geduld ist im neuen Jahrzehnt wieder angesagt. +++ Jetzt geht es um teilen statt geizen, sich begeistern lassen statt bepunkten zu wollen, Füße auf den Boden und Wein im Glas, Blick nach vorn und immer daran glauben, dass das Beste noch kommt!

Kontakt: hh@weingut-hummel.com

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