Gerade habe ich mit Staunen ein Interview mit Tyler Brûlé, Herausgeber der globalen Zeitschrift MONOCLE und Kolumnist der FINANCIAL TIMES (FT), in der aktuellen Ausgabe der ZEIT gelesen. +++ Seine FT-Kolumne heißt „Fast Lane“ (Überholspur), aber im Interview wirbt er für „slow media“, bzw. kritische Medien, die auf seriöse Recherche setzen. +++ Er hält die mediale Überflutung durch Internet, Blogs und Twitter für ein Riesenproblem: „Es gibt so viel Information, viel davon ungefiltert und ungesichert.“ +++ Das hat mich stark an meinen Vortrag auf der letztjährigen BDO-Tagung in Geisenheim (siehe „Directors Cut“) erinnert. +++ Seine Analyse der Gründe, bewegt sich sehr nahe an meiner eigenen Einschätzung der „Hysterie, hip und modisch und jugendlich wirken zu wollen“. +++ Für ihn ist twittern nur wirklich in Situationen wie im Iran nach den gefälschten Wahlen sinnvoll, als damit ein Untergrund-Kommunikationsnetz geschaffen wurde. +++ Dieser Gedanke erinnert mich stark an Roger Cohens New TWEETS, OLD NEEDS-Kolumne in der INTERNATIONAL HERALD TRIBUNE vom 10. September letzten Jahres. +++ Cohen war letzten Juni aus Teheran eine sensationelle Berichterstattung gelungen, den besten Journalismus, den ich den letzten Jahren lesen konnte. +++ In seiner Kolumne denkt er über die damalige Situation aus der zeitliche und physische Distanz (sein Büro in New York) nach. +++ Er kommt zum Schluss, Twitter sei spitze, um Nachrichten eine rasante Verbreitung zu verschaffen, ist aber ein „Flut von Rohmaterial … Dagegen destilliert Journalismus. Es ist eine Auswahl von Materie.“ +++ Dann verbindet Cohen Aristoteles, der vor mehr als zwei Jahrtausende darauf bestand, dass ein Story, „einen Anfang, eine Mitte und eine Ende“ hat mit dem Prinzip der Recherche vor Ort, um seine Vorstellung von Journalismus auf dem Punkt zu bringen. +++ Das war exakt meiner Arbeitsweise für mein aktuelles Buch WEIN WEIT WEG! +++ Ich stimme Cohens Schluss: „die Welt verlangt die Wahrheit, wie es vor Ort gesehen und destilliert wurde“ entschieden zu. +++ Aber auch Brûlés Glauben, dass „im abgelaufenen Jahr ein großes Umdenken eingesetzt hat. An viele Orten rund um die Welt hat es eine Art Realitätskontrolle gegeben.“ +++ Auf Planet Wein fand, und findet weiter, dieses Prozess statt. +++ Mein gute Vorsatz für 2010 ist, einfach noch konsequenter diese Prinzipien treu zu bleiben.