Wein des Monats – Mai 2010

Riesling trocken
Frauenberg Riesling trocken „S“, € 6,50 von Weingut Göhring

Großartig, überragend, sensationell, atemberaubend…so werden die besten trockenen Rieslinge des neuen Jahrgangs bereits von Kritikern, Sommeliers und Weinhändlern beschrieben, obwohl viele dieser Weine noch deutlich zu unentwickelt sind (starke hefige Noten, Flaschenkrankheit), um mir heute abend Trinkspaß zu bereiten. Klar, manche Weine von namhaften Erzeugern muß man bald kaufen, wenn man sie in den Keller legen möchte, aber das ist eine ganz andere Frage. Hier beim Wein des Monats geht es um Trinkspaß statt darum, welcher Wein nach 30 Sekunden im Mund und dann ausgespuckt den größten Bums macht.

Der vergnüglichste und zugleich beeindruckendste trockene 2009 Riesling, dem ich bisher begegnet bin, ist der Frauenberg Riesling „S“ von Arno Göhring, einem der wichtigsten Aufsteiger unter den rheinhessischen Jungwinzern. Statt 2009 aufs Maximum zu zielen und ein Monster nach Art der Grossen Gewächse zu erzeugen, hat Göhring sich für einen Lustwein entschieden. Das ist ihm bestens gelungen. Pfirsich- und Zitrusaromen strömen aus dem Glas, der Wein ist voll und saftig, hat aber auch animierende Kohlensäure und mineralische Säure, die ihn unwiderstehlich machen. Von Opulenz, geschweige denn Fettleibigkeit keine Spur.

Meist ist junger trockener Riesling nichts für Spargel, aber dieser Wein hat genug Fülle und dazu eine geschmacklich bereits bestens eingebundene Säure dafür. Aus meiner Sicht ist die ideale Kombination gebratener Spargel (in 3 bis 5 Zentimeter lange, schräge Stücke schneiden, dann langsam in einer Mischung aus Butter und Öl braten, bis er goldgelb wird und anfängt zu karamelisieren). Und dann braucht man nichts außer guter Laune.

Weingut Göhring
Alzeyer Straße 60
67592 Flörsheim-Dalsheim

Tel.: 06243 / 408
E-Mail: info@weingut-goehring.de

Weingut: Weingut Göhring

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Weintelegramm 107

Erst jetzt, eine gute Woche nach meiner feurigen Begegnung mit Hendrik Hering (SPD), Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau in Rheinland-Pfalz in der SWR-3-Sendung Reiss&Leute wird mir endlich einiges über den HOCHMOSELÜBERGANG-Wahnsinn klar. +++ Warum hat Hering so bitterböse Anschuldigungen (der gesamten Presse und mir gegenüber – von BILD bis FAZ, von New York Times bis Hugh Johnson und Jancis Robinson, alle erweisen der Mosel angeblich einen Bärendienst) und solche luftleere Behauptungen (20´000 KFZs werden angeblich täglich über diese gewaltige Autobahnbrücke rollen, obwohl sie dann auf einer stinknormalen Bundesstraße landen und die B50neu für die wenigsten Strecken einen nennenswerten zeitlichen Vorteil bietet, für viele sogar einen deutlichen Nachteil) von sich gegeben? +++ Ich fürchte, man muss die Frage folgendermaßen umformulieren: Was ist die Summe von Nürburg-Ring-Skandal, hochdefizitärem Flughafen Hahn (zu 82,5 Prozent im Landesbesitz) und einem geplatzten Hochmoselübergang? +++ EIN PERFEKTER POLITISCHER STURM und das Aus für Herings politische Ambitionen! +++ Um das zu vermeiden, ist Hering zu allem bereit, auch eine Reihe der besten Weinbergslagen Deutschlands (Wehlener Sonnenuhr, Graacher Himmelreich & Domprobst, Bernkasteler Doctor und Zeltinger Sonnenuhr) zu opfern und dem Tourismus an der Mittelmosel nachhaltigen Schaden zuzufügen. +++ Damit stellt er sich über diese mindestens 1750 Jahre alte Kulturlandschaft, die Besucher aus aller Welt begeistert, und wo die berühmtesten deutschen Weine weltweit wachsen. +++ Dabei versucht er so zu tun, als ob es sich nur um politisches Tagesgeschäft handle, um die Gefahren zu verharmlosen, die sich aus diesem Bauvorhaben ergeben. +++ Die Website von Herings Ministerium vergleicht den geplanten Bau in Punkto physischer Größe mit dem UNESCO-Weltkulturerbe Kölner Dom, was pervers ist, weil der Hochmoselübergang den Status als UNESCO-Welterbe für diese Region unerreichbar macht. +++ Andererseits weist Herings Staatssekretär Siegfried Englert (z.B. am 12.04.2010 in SWR-Radio) meinen Vergleich der bedrohten Weinbergslagen mit dem Kölner Dom auf kultureller Ebene entschieden zurück, redet also berühmte Weinbergslagen im eigenen Land herunter (!), um sie zu irgendwelchen beliebigen Mose-Weinbergen zu degradieren.+++ Vor der Aufzeichnung von Reiss&Leute konnte ich kurz mit Hering sprechen und bot ihm eine Wette an, dass die von ihm wieder angeführten 20´000 KFZs pro Tag nie über den Hochmoselübergang rollen werden: Mein Jahresgehalt gegen Ihr Jahresgehalt, Herr Hering! +++ Gönnerhaft machte er einen Gegenvorschlag: Wie wäre es mit einer guten Flasche Wein, Herr Pigott? +++ Mein letzter Vorschlag: dann aber freie Wahl und meine Wahl ist der teuerste Wein, der je aus den bedrohten Lagen erzeugt wurde (der 1938 Wehlener Sonnenuhr Riesling TBA von Weingut Joh. Jos. Prüm in Wehlen), Preis knappe 8000 Euro die Flasche. +++ Sichtlich erschrocken wich er aus, unfähig, Verantwortung für seine Entscheidungen und deren Folgen zu übernehmen. +++ Stattdessen versucht er, die Schuld für die Schäden an Moselweinbau und Moseltourismus uns Gegnern des Hochmoselübergangs in die Schuhe zu schieben, obwohl unser gemeinsamer Beweggrund die LIEBE ZUR MOSEL ist. +++ Aber was zählt so etwas gegen die übersteigerten politischen Ambitionen eines Provinzpolitikers, dessen Horizont bei der nächsten Wahl aufhört? +++ Nochmals und mit schwerem Herzen: Shame on You Mr. Hering!

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Weintelegramm 105

Manche deutsche Journalisten fanden meine Äußerungen zum Thema HOCHMOSELÜBERGANG, die gigantisch große und gigantisch teure Betonbrücke, die die Mosel überspannen soll und dabei weltberühmte Spitzenlagen wie Wehlener Sonnenuhr und Graacher Himmelreich massiv bedrohen, zu „drastisch“. +++ Der kulturelle Unterschied zwischen Deutschland (mit einer Tradition von Obrigkeitsdenken, die viel weiter als 1933 zurückreicht) und England (mit einer noch längeren Tradition von Skepsis gegenüber der Obrigkeit) erklärt dies nur zum Teil. +++ Der andere wesentliche Punkt ist, dass ich versuche, die logische Konsequenz nicht nur in dieser Sache zu erkennen und für Leser, Zuhörer und Zuschauer deutlich zu machen, unabhängig davon, ob es um eine neue kellerwirtschaftliche Methode geht oder eine politische Position. +++ Dabei fühle ich mich oft wie das Kind in „Des Kaisers neue Kleider“. +++ Nehmen wir etwa den Brief von Hendrik Hering (SPD), Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau in Rheinland-Pfalz, an Hugh Johnson vom 11.12.2009. +++ Da bat Hering meinen britischen Kollegen höflich aber bestimmt, sich nicht weiter zum Thema Hochmoselübergang zu äußern. +++ Aus meiner Sicht ist das ganz eindeutig die Aufforderung zur Selbstzensur (wozu Johnson als Brite selbstverständlich nicht bereit ist) und daher verfassungswidrig. +++ Auf www.spiegel.de schrieb Ralf Best, dass ich auf der INTERNATIONAL RIESLING RESCUE-Veranstaltung in Berlin am 11.04.2010 Herings Rücktritt verlangte. +++ Das ist nicht ganz richtig. +++ Ich habe Hering zu einem Bekenntnis zu Pressefreiheit und Grundgesetz aufgefordert und dann gefragt, wie ein Minister im Amt bleiben kann, wenn er sich nicht zur deutschen Verfassung bekennt. +++ Oder sind wir doch schon so weit vom demokratischen Weg abgekommen, dass dies akzeptabel ist? +++ Hinter Herings Brief an Johnson glaube ich auch folgende Haltung zu erkennen: „Das ist unsere interne Sache, das geht Sie als Ausländer nichts an“. +++ Doch jeder der Moselwein trinkt oder das wunderschöne Moseltal besucht, hilft den Fortbestand dieser einmaligen Kulturlandschaft zu sichern und hat damit ein berechtigtes Interesse, unabhängig von seiner Nationalität. +++ So gesehen ist das Tal bereits jetzt ein inoffizielles Weltkulturerbe! +++ Über diese Punkte hat die Obrigkeit in Rheinland-Pfalz offensichtlich nicht nachgedacht und ist fassungslos +++ Sie scheinen davon auszugehen, dass die Presse sich konform ihrer Position verhält und Kritik entweder weglässt oder stark dämpft. +++ Wie die FAZ am 21.12.08 schrieb, Ministerpräsident Beck (SPD) ist in Rheinland-Pfalz an eine eher zahme Presse gewohnt, in Vergleich mit dem robusten Pressecorps der Hauptstadt. +++ Ich habe das Glück, hier in Berlin in einem demokratiestarken Gebiet zu leben, während zumindest manche Teile von Rheinland-Pfalz wie die Mosel mir eindeutig demokratieschwach vorkommen. +++ Vielleicht ändert sich das aber bald. +++ Um 18:15 am Mittwoch in Reiss& Leute in SWR3 stellt sich Hering endlich seinen Gegnern und wird auch mir ins Auge schauen müssen. +++ Die Frage lautet jetzt ganz einfach: für die Mosel oder für Beton-Gigantismus ohne wirtschaftlichen bzw. jeglichen Sinn. +++ Wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) neulich sagte: Verantworten wir Zukunft oder verbrauchen wir Zukunft? Das ist eine Frage politischer Entscheidungen und materieller Entscheidungen, aber es ist auch eine Frage der Moral.

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Weintelegramm 104

Es war eine überaus erstaunliche, ja atemberaubende Woche. +++ Wie viele von Ihnen schon gelesen haben, fing sie letzten Sonntagabend mit INTERNATIONAL RIESLING RESCUE im Restaurant Hot Spot in Berlin-Wilmersdorf an. +++ Das Ziel dieser weltumspannende Bürgerbewegung ist den Hochmoselübergang zu stoppen – eine immense Betonbrücke über die Mosel, die Spitzenlagen wie Wehlener Sonnenuhr, Zeltinger Sonnenuhr, Graacher Himmelreich und Bernkastler Doctor bedroht. +++ Am Montag gab es im Radio bei SWR ein Streitgespräch zwischen Siegfried Englert, Staatssekretär für Weinbau in Mainz, und mir. +++ Engelhart wies meinen Vergleich zwischen den Weine der bedrohte Lagen und dem Kölner Dom, Goethe und Beethoven als überzogen zurück, bzw. er redete die weltberühmte Weine aus Rheinland-Pfalz herunter! +++ So negativ sind unsere Gegner! +++ Am nächsten Morgen bekam ich von ihm und seinem Mitarbeiter E-Mails, die mir Einsicht in das Gutachten zum Bauprojekt anbot. +++ Weil Mainz über 500 Kilometer entfernt von meinem Schreibtisch in Berlin ist, ich massig Termine habe und die Lektüre solche Akten viel Zeit erfordert, habe ich um Kopien per E-Mail gebeten. +++ Bisher habe ich weder ein Antwort noch Dateien oder Post erhalten! +++ So anti-demokratisch sind unsere Gegner! +++ Am Dienstag, den 13. April, begann die überwältigende Resonanz auf unseren Protest mit vier tollen Zeitungsberichten. +++ Auf der ersten Seite der SZ erschien ein sehr sachlicher und für uns positiver Bericht von Michael Bauchmüller. +++ Ähnliches war auf Seite 4 der FAZ zu lesen, aber ein kritische Punkt fehlte: die Bedrohung der Spitzenlagen wird vorwiegend durch die Veränderung des Wasserhaushalt im Berg verursacht, nicht durch Beschattung. +++ DIE WELT widmete unserem Kampf fast die ganze Seite 8 und war nur in einem Punkt einer anderen Meinung; Holger Kreitling zweifelte daran, ob die Sache noch zu stoppen sei. +++ Dagegen war die ganze Seite 39 der FRANKFURTER RUNDSCHAU deutlich optimistischer. +++ Am Mittwoch, den 14. April, berichtete BILD auf Seite 10, der Ton sachlich, aber durchaus auf unserer Seite. +++ Dabei auch – wie in anderen Zeitungen auch – eine Computer-Simulation des Betonmonstrums, das vielen Deutscher anschaulich diesen Wahnsinn näherbringt. +++ Leider habe ich den Bericht am gleichen Tag in LA STAMPA verpasst. +++ Kann ihn mir jemand bitte mailen? +++ Dann gestern, Donnerstag, den 15. April, kam der Bericht von Ijoma Mangold auf Seite 46 in DIE ZEIT, der die politische Geschichte des Projekts messerscharf analysiert. +++ Er schließt mit den Worten: „Es ist schon spät, aber es kann nicht sein, dass im Jahr 2010 der Hochmoselübergang gebaut wird.“ +++ Bravo! +++ Gestern habe ich REUTERS ein zweisprachige TV-Interview gegeben, dass hoffentlich die internationale Verbreitung unseres Kampfes steigern wird. +++ Ich habe den Hochmoselübergang mit dem Terminator vergleichen, und wer die Filme kennt, weiß, dass er immer gestoppt wird. +++ Herrliche Entspannung bot Martin Tesch am Dienstagabend im Gibson Showroom an. +++ Da präsentierte er seine kompromisslose 2008 trockene Rieslinge (vitalisierend der UNPLUGGED, saftig die KRONE, komplex und tief der ST. REMIGIUSBERG), und Hanan Rubenstein bewies sein großes Talent als Gitarrist und Sänger. +++ Genial ist seine radikal neue Interpretation von Bob Dylans „All along the Watchtower“. +++ Der Text klingt, als ob er für unseren Kampf geschrieben wurde. +++ Rubensteins erste Album kommt erst später im Jahr, aber Hendrixs Version auf Electric Ladyland ist auch ein Volltreffer. +++ Lieber Hendrik Hering, hören Sie genau zu und denken nach: THE TIME IS GETTING LATE.

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Weintelegramm 103

Sehr geehrter Hendrik Hering (SPD, Minister für Wirtschaft, Verkehr , Landwirtschaft und Weinbau in Rheinland-Pfalz)! +++ Leider konnten Sie gestern Abend nicht zur INTERNATIONAL RIESLING RESCUE in Restaurant Hot Spot in Berlin-Wilmersdorf kommen.+++ Damit haben Sie nicht nur das hervorragende chinesische Essen und viele sensationelle Mosel-Rieslinge aus den von dem Hochmoselübergang und der B50-neu bedrohten Spitzenlagen verpasst, sondern möglicherweise auch einen entscheidenden Moment Ihrer eigenen Karriere. +++ Bei diesem Anlass hätten Sie sich nämlich bei Hugh Johnson, Grand Seigneur der englischsprachigen Weinjournalisten, für Ihren Brief vom 11. Dezember 2009 an ihn entschuldigen können und die zahlreichen anwesenden Journalisten über Ihre Haltung zum Grundgesetz aufklären können. +++ Wie auf Seite 3 der FAZ vom 8. April 2010 berichtet wurde, haben Sie meinen Kollegen Johnson in diesem Brief dringend gebeten, künftig ausschließlich über die Arbeit der Moselwinzer und ihre Weine zu berichten und nicht über dieses Bauvorhaben, obwohl es eine einmalige Kulturlandschaft zerstört (Stichwort: Wehlener Sonnenuhr, der Kölner Dom des deutschen Weins), verkehrstechnisch Unsinn ist und etwa 5000 Jobs in der betroffenen Region bedroht. +++ Als Rechtsanwalt muss Ihnen bewusst sein, welche Tragweite dieser Brief hat: Sie haben von einem Journalist die Selbstzensur verlangt. +++ Aus meiner Sicht ist das ganz und gar nicht mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar: Grundrechte, Artikel 5, (1), „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten … Eine Zensur findet nicht statt.“ +++ Sie haben als Minister nicht im Sinne der deutschen Verfassung gehandelt und sich damit in dringende Erklärungsnot gebracht. +++ Ich verlange von Ihnen ein unverzügliches, eindeutiges Bekenntnis zum Grundgesetz und zur Pressefreiheit, sonst ist Ihre Position als Minister unhaltbar und Sie müssen zurücktreten. +++ Falls Sie versuchen sollten, dies alles als Geringfügigkeit ohne Belang abzutun, sehe ich meine journalistische Freiheit in diesem Land ernsthaft bedroht und muss diese schlechte Nachricht meinen Kollegen in aller Welt mitteilen. +++ Die Selbstzensur von Journalisten ist z.B. die Hauptmethode, mit der die chinesische Regierung die Medien im Reich der Mitte lenkt +++ Auf www.freedomhouse.org können Sie lesen, dass China Platz 181 von 195 beim 2009 Ranking der Weltpressefreiheit belegt +++ Wollen Sie Deutschland allen Ernstes in diese Richtung bewegen? +++ Momentan belegt Ihr Heimatland und meine Wahlheimat Platz 18. +++ Sehr geehrte Julia Klöckner (CDU), Sie treten dieses Jahr im rheinland-pfälzischen Wahlkampf gegen Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) an. +++ Beim Politischen Aschermittwoch am 17. Februar 2010 haben Sie im CDU-Kreis Bernkastel-Wittlich folgende Worte gesagt: wir stehen für Zukunft, nicht für Prestige-Projekte. +++ Das finde ich sehr gut, weil der Hochmoselübergang eindeutig auch ein Prestige-Projekt von Kurt Beck ist, das Tourismus und Weinbau an der Mittelmosel massiv bedroht. +++ Zum Thema Nachhaltigkeit hat die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 25. März 2010 auf der Intervitis-Messe in Stuttgart bewegende Worte gesprochen: Verantworten wir Zukunft oder verbrauchen wir Zukunft? Das ist eine Frage politischer Entscheidungen und materieller Entscheidungen, aber es ist auch eine Frage der Moral. +++ Gerne hätten wir Sie, Frau Klöckner, gestern Abend gefragt, wie Sie zu den Worten der Bundeskanzlerin in diesem ganz konkreten und dringenden Fall stehen. +++ Aber auch Sie haben unsere Feier der großartigen Mosel-Rieslinge und der über 1700 Jahre alte Kulturlandschaft, in der sie wachsen, verpasst. +++ Jetzt bitte ich um Klarheit, auch moralische Klarheit.

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Wein des Monats – April 2010

Weißwein Cuvée
2009 „Sommerzeit“ trocken/Weißwein Cuvée und Spätburgunder Rosé, je € 5,50 von Weingut Kranz in Ilbesheim/Pfalz

„Gute Nachrichten, schlechte Nachrichten, wer weiss“, sagt ein uralter chinesischer Spruch. Daran musste ich auf der ProWein Messe Ende März in Düsseldorf denken. Die ProWein ist für mich eine geniale Gelegenheit, zahlreiche Weine des neuen Jahrgangs zu probieren, aber auch eine zermürbende Verkostungsmühle, die mich völlig fertig macht. Jedes Mal frage ich mich, ob es die Strapaze wert ist, habe aber auch dieses Jahr wieder einige wichtige Erkenntnisse dadurch gewonnen.

Die erste und fundamentalste davon ist, dass die 2009er Weine typischerweise etwa ein Prozent höher im Alkohol liegen als vergleichbare Gewächse aus 2008. Dieser Alkohol wird typischerweise von satten, reifen Fruchtaromen und großer Saftigkeit begleitet; die meisten 2009er sind leicht zu verstehen und leicht zu mögen. Ja, nicht nur für Riesling, sondern auch für Silvaner and manchmal auch Weißburgunder und Grauburgunder ist es ein genialer Jahrgang mit verhältnismäßig wenig Ausfällen (meist wegen zu betontem Alkohol).

Der „Sommerzeit“ von Boris Kranz ist ein prototypischer 2009 trockener Weißwein. Diese Cuvée aus Weißburgunder, Silvaner und Auxerrois hat reife Zitrus-, Birne- und Apfelnoten, ist sehr saftig mit dezentem Schmelz, während die Alkoholbremse erfolgreich bei 12,5 Prozent gezogen wurde. Der Wein ist bereits gut zu trinken, und rund genug, dass er beim kühlem Wetter auch Spaß machen wird. Außerdem wird er sicher zu Spargel sehr gut passen.

Wer es knackiger haben möchte, greift zum Pendant in Rosé aus Spätburgunder. Hier wurde der Wein bewusst (durch Ganztraubenpressung) noch schlanker und säurefrischer gehalten. Die strahlenden Himbeer-und Kirscharomen lassen ihn schon jetzt verführerisch erscheinen, aber bevor ich danach greife, möchte ich mindestens 20° C auf dem Thermometer sehen!

Weingut Kranz
Mörzheimer Straße 2
D-76831 Ilbesheim/Pfalz

Tel.: 0 63 41/93 92 06
Fax: 0 63 41/93 92 07
E-Mail: weingut-kranz@t-online.de
Internet: www.weingut-kranz.de

Weingut: Weingut Kranz

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Weintelegramm 102

Gerade habe ich meinen Wein beim Winzerhof Stahl erfolgreich abgefüllt! +++ Mit 18° C war es der wärmste Tag des Jahres hier oberhalb des fränkischen Taubertals, wo er gewachsen ist; ein guter Moment, um den Wein in den sicheren Hafen der Flasche zu führen. +++ Verblüffend positiv hat er sich in den Monaten nach der Lese am 30. September 2009 entwickelt. +++ Zitat Christian Stahl: „Er hat einen fetten Arsch, aber eine schmale Taille und ein hübsches Gesicht!“ +++ Dafür ist die Menge – ganze 264 Flaschen – ziemlich enttäuschend, aber bei der Abfüllung haben wir sehr darauf geachtet, dass es zu keiner Beimischung mit den Weinen kam, die davor und danach abgefüllt wurden. +++ Damit liegt mein tatsächlicher Ertrag ziemlich genau bei 20 Hektoliter pro Hektar, was weit, weit unter dem Maximum von 50 Hektoliter/Hektar für die Großen Gewächse des VDPs liegt, meiner Messlatte. +++ Für die ertragsfreudige Traubensorte Müller-Thurgau ist das schon ziemlich waghalsig, aber so war mein Weinbau-Projekt von vorneherein angelegt. +++ Anfang der Woche war ich auf der ProWein, um ein breites Spektrum der 2009 deutschen Weißweine zu kosten. +++ Das hat fast nicht geklappt, weil sie mich bei der Registrierung wegen fehlenden Presseausweises (lehne ich ab, weil sich die Gewerkschaft nur um ihre festangestellten Mitglieder richtig kümmert) nicht als Journalist anerkannt haben. +++ Aber ich passte auch in keine der vorgesehenen Kategorien auf dem Anmeldeformular für Fachbesucher. +++ Ohne zu lügen, hätte ich Winzer ankreuzen können! +++ Dann hat mich eine freundliche ausländische Frau am Empfang einfach durchgewunken. +++ Manchmal wird man in Deutschland durch fehlende deutsche Gründlichkeit und mangelndem Respekt vor dem realitätsfernen Gesetzgeber gerettet, bzw. durch Pragmatismus. +++ Detailliert über die Weine des neuen Jahrgangs werde ich während der nächsten Wochen und Monate hier und in meinem anderen Weintelegramm auf www.weinhilft.de berichten. +++ Es ist aber schon klar, dass 2009 nicht weniger ein genialer Jahrgang für Silvaner als für Riesling ist. +++ Überraschend wacker schlugen sich in diesem Kontext die trockenen Rieslinge am Stand von New York State/USA. +++ Der 2007 DRY RIESLING von Sheldrake Point war wunderbar duftig (Zitrus und Blüten), saftig und verspielt bei zwölf Volumenprozent Alkohol. +++ Mit seiner kristallinen Klarheit und großen Finesse schmeckte der 2008 RIESLING RESERVE von Lamoreux Landing wie ein Wein der deutschen Oberklasse. +++ Noch rassiger und mineralischer wirkte der auf Schiefer gewachsene 2008 DRY RIESLING von Dr. Frank. +++ Dann schenkte mir Frederick Frank seinen sensationellen edelsüßen 2008 BUNCH SELECT RIESLING LATE HARVEST ein. +++ Mit seinem sagenhaften Duft nach getrockneten Aprikosen, enormer Konzentration und Brillanz ist er den besten TBAs aus Deutschland ebenbürtig. +++ Der amerikanische Gesetzgeber verbietet Frank aber diese drei Buchstaben. +++ Auch in Amerika ist der Gesetzgeber sehr realitätsfern. +++ Ich bin sehr gespannt, was die Weinkontrolle mit mir machen wird. +++ Hiermit vorab eine wichtige Erklärung: mein Wein ist eine wohltätige Aktion, das heißt, das Ziel liegt darin, möglichst viele und großzügige Spenden für WEIN HILFT zu sammeln.

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Weintelegramm 101

Immer noch kaue ich auf den Eindrücken der letzten Wochen herum. +++ Seit langem gibt es eine Mode für sogenannten Vin Naturelle in Frankreich, womit (meist biodynamische) Weine mit minimalem oder gar keinem Schwefel gemeint sind, die dazu nur grob filtriert oder gar nicht filtriert wurden. +++ Unsere Tage in Kopenhagen Ende Februar und die Weinpräsentationen der letzten Wochenenden in Berlin haben bewiesen, dass es sich inzwischen um eine europaweite Bewegung handelt! +++ Nichts gegen Minimalismus im Keller – so bin mit meinen eignen Wein verfahren – aber ich glaube trotzdem noch an das alte kellerwirtschaftliche Prinzip: So wenig wie möglich, so viel wie nötig! +++ „Wenn die Natur den Wein beherrscht, erhält man Essig, und wenn der Mensch ihn beherrscht, ist das Ergebnis ziemlich uninteressant“, sagte mir einmal Francois Mitjavile von Tertre Rôteboeuf in St.Emilion. +++ Aber dank der Mode für Weine, die mehr oder weniger von der Natur beherrscht sind, werden Weine, die vorher als mangelhaft oder fehlerhaft eingestuft worden sind, nun über den grünen Klee gelobt. +++ Vielleicht haben wir in Deutschland viele Jahre, von Hygienewahn gepackt, die Sauberkeit des Weins zu eng definiert, aber es droht eine Situation, in der biodynamische Vins Naturelle grundsätzlich über jeder Kritik stehen. +++ Aus meiner Sicht wäre das eine gefährlich vereinfachte Welt, ja eine Art von Weinfaschismus, weil dann die ungeschwefelten, unfiltrierten und biodynamischen Weine pauschal als „Die Guten“ gelten würden, und alle andere Weine automatisch als suspekt, falsch, als „Die Schlechten“ da ständen. +++ Dann gibt es keinerlei fachliche Definition von Sauberkeit beim Wein mehr. +++ Es tut mir leid, aber wenn ein biodynamisch, ungeschwefelter und unfiltrierter Wein nach Hamsterkäfig riecht, müde, adstringent und uncharmant schmecken, bin ich schwer enttäuscht. +++ Ich bin vehement gegen die Verherrlichung von Unsauberkeit und Disharmonie. +++ Aber wenn ein Wein aus konventionellen Weinbau mit Reinzuchthefe vergoren wurde, eine vielschichtige Fruchtaromatik und stimmige Harmonie besitzt, dazu mineralisch-frisch wirkt bin ich begeistert. +++ Natürlich haben nicht alle neuen Modeweine mikrobiologische Beeinträchtigungen und sind auch nicht alle oxidiert. +++ Wie bei konventionellen Weinen gibt es Licht, Schatten und viele Schattierungen dazwischen. +++ Das ist der Grund, warum die WEINLAB 6 um 17 Uhr am Dienstag, den 6. April in Hammer´s Weinkostbar in die Körterstraße 20 in Berlin/Kreuzberg sich dem Thema „Weißwein anders“ widmet +++ Anmeldung unter info@hammers-wein.de+++ Neulich haben meiner Frau und ich uns eine Flasche 1999 TERTRE RÔTBOEUF aus dem Keller gegönnt, und wir waren wieder von Mitjaviles Kunst begeistert, genau den richtige Punkt zwischen der Bestimmung des Weins von Natur und Mensch, zwischen vernünftige Sauberkeit und radikale Eigenart, zu treffen. +++ In einem solchen Wein finden sich Sortencharakter, Terroir und die Handschrift des Winzers – das ist, wonach wir so lange in Deutschland gesucht haben, oder? – Und nicht nach Weinen, die fast wie Essig schmecken!

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Weintelegramm 100

Als am Dienstagabend die Website von WEIN HILFT endlich online ging, ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. +++ Unter diesem Motto sammele ich und Projektleiterin Pauline Schneider seit drei Jahre Spenden für HIV/AIDS-Projekte in Kapstadt/Südafrika. +++ Die Planung und Durchführung unserer hochwertigen und aufwendigen Veranstaltungen hat uns lange vom Aufbau einer Website abgehalten, doch dann gestaltete sich diese Arbeit überraschenderweise fast so schwierig wie das Besteigen der Nordwand des Eigers! +++ Danke an Brendan Howell und Pauline für den große Einsatz, damit www.weinhilft.de jetzt auch ein Cyberleben führt! +++ Die Tage davor waren auch nicht gerade spannungsarm. +++ Am 2. März gab es im Pro-Winzkino in Simmern die vorläufig letzte Veranstaltung für mein aktuelles Buch WEIN WEIT WEG.+++ Den Hunsrück verbinde ich nicht unbedingt mit Weingenuss, aber dieses Ausnahme-Programm-Kino in der angeblichen Kulturwüste war ausverkauft. +++ Manche Besucher sind weit dafür gefahren, wie Olaf Schneider von Weingut O. aus Traben-Trarbach (www.weingut-o.de) +++ Die letzten Flaschen seines leichten aber duftexplosiven trockenen 2008 UNGSBERG RIESLING wurden bei der Veranstaltung nieder gemacht, und er brachte mir auch mein repariertes Psion-Teklogix-Sub-Notebook zurück. +++ Mit diesem ultra-light Rechner, der auf Schreiben optimiert ist, habe ich Teile von WEIN WEIT WEG und WILDER WEIN geschrieben. +++ Ein treuer alte Freund ist wieder da! Dank an die (noch) Hauptbeschäftigung von Schneider. +++ Am Donnerstagabend bei den Architekten Swantje und Oliver Kühn (www.gkk-architekten.de) in Berlin gab es viele neue Ideen, viel optimal gebratene Wildschweinkeule und zu viel üppigen Nero d´Avola aus Sizilien. +++ Dann ging es samstagsfrüh nach Hamburg, um ein Seminar zum Thema „Klimaerwärmung und Wein“ auf der WineStyle-Messe zu halten. +++ Mitten in einem Schneesturm kam ich in den Deichtorhallen an, aber glücklicherweise hat das Wetter beim Publikums (zu Recht!) keine Skepsis bezüglich der Klimaerwärmung verursacht. +++ Wetterereignisse und Klimadaten sind Zweierlei, werden aber gerne von militante Wissenschaftsgegner wie Sarah Palin miteinander verwechselt! ++++ Fast gleich danach musste ich nach Frankfurt aufbrechen, weil am letzten Sonntag die zweite Apfelweinmesse im Römer für Obstweine stattfand.+++ Neben den mir schon bekannte Spitzenerzeugern wie Erik Bordelet (www.ericbordelet.com), Joachim Döhne (www.kelterei-doehne.de), Jörg Geiger (www.manufaktur-joerg-geiger.de) Andreas Schneider (www.obsthof-am-steinberg.de) und die Pomp-Kreationen von Dr. Johanna Höhl (www.pomp-hoehl.de) gab es einige tolle Entdeckungen. +++ Keine war erstaunlicher als die üppigen, hochreifen Quittenweine von Marris Wittur (www.mustea.de) und die hocheleganten Cidre und Poiré von Jacque Perritaz in Monbovon/Schweiz (www.cidrevulcain.ch). +++ Alle sind ganz weit weg von dem, was wir uns üblicherweise unter Wein vorstellen!

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Weintelegramm 99

Ich bin gerade aus Kopenhagen zurückgekehrt, wo ich das erstaunlichste Sandwich meines Lebens gegessen habe. +++ Es war ein Amuse Bouche im Restaurant NOMA (www.noma.dk) und bestand aus geräuchertem Käse, getrockneten Erbsen und knusprig gebackener Hühnerhaut auf einer dünnen Scheibe gegrilltem Roggenbrot. +++ So verrückt das klingen mag, war es ein multi-dimensionales Geschmacks- und Beschaffenheits-Erlebnis ohne Parallele im Sandwich-Universum! +++ Noch erstaunlicher waren die rohen Kastanien mit Fischrogen und Kresse und die gegenseitige Elektrisierung durch den 2008 RIESLING KABINETT TROCKEN von Weingut Groebe in Biebesheim/Rheinhessen. +++ Insgesamt ein bewusstseinsverändernder Abend wie kaum ein anderer, den ich je im Restaurant erlebte; NOMA definiert ganz neu, was ein Spitzenrestaurant sein kann. +++ Die Orientierung auf die einheimischen Produkte (auch von der dänischen Kolonie Grönland, was auch logisch ist, weil NOMA im ehemaligen Grönland-Speicher am Hafen residiert) ist wie selbstverständlich, genauso der weiße Hauswein aus eigenen dänischen Weinbergen; Wahnsinn! +++ Am Vorabend im CAFÉ PLAN B gab es ein nicht weniger beeindruckendes Treffen mit dänischen Winzern. +++ Mit seinem feinen Mango-Maracuja-Duft, Saftigkeit und Spiel erinnerte der 2008 SOLARIS von Domain Aalsgaard (www.domainaalsgaard.dk) stark an einen feinherben Riesling der Oberklasse. +++ Lars Hagermans dänisches Weißwein-Meisterwerk wächst auf 56° 04´ Nord und zeigt wie stark die Klimaerwärmung alles auf Planet Wein verändert. +++ Jens Michael Gundersens 2006 HIDEAWAY (www.hideaway.dk), ein Rotwein aus den ziemlich unbekannten Rebsorten Rondo und Bolero von der Insel Fejø, war zugleich kräftig und geschliffen; Wahnsinn! +++ Gundersens neues Projekt heißt DER RODE TRAKTOR (auch eine Rondo-Bolero-Cuvée), ein Gemeinschaftswerk einer Handvoll Winzer auf Fejø, das für unter 20 Euro die Flasche im Regal stehen soll; der dänische Wein kommt bald zu uns! +++ Von Dänemark werden wir die nächste Zeit viel hören!

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