Endlich wieder zu Hause nach einer anstrengenden aber spannenden Woche unterwegs in Sachen Wein. +++ Erste Station war Stuttgart und Umgebung, bzw. Württemberg, wo es eine tolle aber viel zu wenig bekannte Dynamik gibt. +++ Ich habe etwa 400 Weine verkostet, darunter eine Fülle von guten und großartigen Gewächsen und nur wenige schwache oder doofe Weine. +++ Auch wenn manche Journalisten eine Abneigung gegenüber dem Thema Württemberg zeigen, gibt es andere Gründe, warum der Qualitätssprung und der neue Innovationsdrang des Gebiets so unbekannt sind. +++ „Sie müssen mit Ihrem britischen Kollegen Oz Clarke sprechen und ihn dazu bewegen, mehr über unsere schwäbischen Weine zu schreiben“, sagte mir ein älterer Herr am Sonntagnachmittag während des Fellbacher Weintreffs, einer großen öffentlichen Weinmesse. +++ „Es ist nicht mein Job, meinen Kollegen zu sagen, was sie zu denken oder zu tun haben“, antwortete ich. „Rufen Sie ihn selber an!“, worauf der Herr schlagartig flüchtete. +++ Warum dieser fehlende Mut, die Sache direkt anzupacken, und der Glaube, alles müsse hinter den Kulissen geregelt werden? +++ Erst viel später fiel mir auf, wie dieses Gespräch einen Teil des schwäbischen Weinproblems erklärt. +++ Prinzipiell habe ich nichts gegen die kuschelige Wir-Schwaben-unter-uns-Haltung, aber wenn der Direktor einer der führenden Winzergenossenschaften unweit von Stuttgart ernsthaft meint, der Hauptmarkt für württembergische Weine in Berlin seien die Exil-Schwaben, dann rutscht das ins Negative ab.+++ Warum diese Selbsteinschränkung, warum sowenig Vertrauen in das Durchsetzungsvermögen der eigenen Weine in direkter Konkurrenz mit anderen Produkten ? +++ Der Witz ist, dass die Weine dieser Winzergenossenschaft im Berliner Markt im Bereich fünf bis zehn Euro eine unschlagbare Preis-Leistung darstellen! +++ Gestern und Vorgestern im Rheingau sah dann alles ganz anders aus, ja fast konträr. +++ Auch dort gab es in den letzten Jahren einen Qualitätssprung, und das Gebiet ist auf ähnliche Weise wie der Süden Württembergs heute wesentlich dynamischer als in den 1990er- Jahren. +++ Dieser Botschaft will man – selbstverständlich! – in die große weite Welt tragen und glaubt hundertprozentig an die Durchsetzungskraft der neuen Weine +++ auf der 100 Jahrgänge Riesling-Veranstaltung vom Tre Torri Verlag und dem Hessischen Staatsweingut Kloster Eberbach hat man sich nicht gescheut, die Ersten Gewächse aus 2009, 2008 und 2007 mit den besten trockenen Rieslingen aus 1949, 1947 und 1945 zu vergleichen +++ das funktionierte auch gut (mehr darüber später), trotz des erheblichen Altersunterschieds +++ wieso ? +++ Kloster Eberbach ist Zeugnis der Rheingauer Weinkultur aus dem 12. Jahrhundert, seine Schatzkammer reicht etwa drei Jahrhunderte zurück, die Grundzüge der heutigen Vorstellung vom hochwertigen Riesling im Gebiet gehen auf rund zwei Jahrhunderte zurück, wie bei Goethe nachzulesen ist und alldem wird jetzt neues Leben und eine zeitgemäße Form verliehen +++ der Witz hier ist, dass zur zeit zwei Schwaben diese Arbeit machen; Staatsweingüter Direktor Dieter Greiner stammt aus Schnait im Remstal und Kellermeister Ralf Bengel aus Heilbronn!